Mit Neuronen lernt das Stromnetz denken…

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Künstliche Intelligenz (KI, englisch artificial intelligence, AI) ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens befasst. Der Begriff ist insofern nicht eindeutig abgrenzbar, da es bereits an einer genauen Definition von Intelligenz mangelt. Dennoch findet er in Forschung und Entwicklung Anwendung. (Wikipedia: KI)

Es ist erschreckend und faszinierend zu gleich, wenn man sieht, mit wie wenig Aufwand eigentlich das Stromnetz deutlich besser gesteuert und geregelt werden könnte. Was zunächst wie das Werk von Nerds und Hackern klingt, ist in Wirklichkeit der Schlüssel zum monetären Erfolg der Stromwende. Ein automatisierter Blick in die Glaskugel, zum vorausschauenden Messen und Regeln der Energieflüsse des öffentlichen Stromnetzes.

Die Realität:  Obwohl die Verfahren in vielen Bereichen bereits einige Jahrzehnte im Einsatz sind, sind bei der Achillesferse der Darseinsvorsorge – was das Stromnetz ist – nicht existent. Forschungsgelder fehlen – und selbst die Netzbetreiber  gehen dem Thema künstliche Intelligenz lieber aus dem Weg.

Künstliche Intelligenz: Chance ist auch das Problem

Für das SmartGrid – dem intelligenten Stromnetz – ist vor allem das Teilgebiet der Mustererkennung relevant. Künstliche Neuronale Netze sind eine Methode, um einem Rechner die Erkennung von Mustern zu erlauben. So wird Spracherkennung, oder das “Lesen” auf Bildern fast selbständig von den kleinsten Computern umgesetzt. Im Hintergrund verrichten Neuronale-Netze, die trainiert werden ihre Dienste.

Sobald es in den Bereich einer Ingenieurskunst geht – der Betrieb eines Stromnetzes sei einmal als solche bezeichnet – wird aus einer Stärke von selbst lernenden Systemen zum Ausschlusskriterium.

Die Frage des “Wieso?” können Neuronale Netze meist nicht beantworten. Warum wurde das Bild einer Frau als eine Frau erkannt? Wieso konnte man davon ausgehen, dass die Spannung in den kommenden Sekunden abfallen wird? – Neuronale Netze sagen uns, dass ein Ereignis wahrscheinlich ist, geben aber keinen Aufschluss über die Gründe.

Betriebskonzept: Reaktion oder Aktion

Beim Betrieb von Stromnetzen wird recht häufig beim Eintreten eines Ereignisses reagiert – meist professionell und mit guter Qualität – aber eben erst nachgelagert. Die  Stabilisierung der Netzfrequenz um die 50hz ist ein solches Beispiel. Zunächst muss die Frequenz abfallen, bevor der Abfall durch die Primärregelleistung gehalten und durch Sekundärregelleistung wieder stabilisiert wird (vergl. weitere Beiträge bei blog.stromhaltig).

Netzfrequenz - Visualisierung: Netzfrequenzmessung.info
Netzfrequenz – Visualisierung: Netzfrequenzmessung.info

Beobachtet man den Verlauf der Netzfrequenz, wie es der Blogger-Kollege auf Netzfrequenzmessung.info  regelmäßig macht, so fallen gewisse Muster auf, die wir Menschen dank unserer Fähigkeit des Lernens erkennen.

Neuronale Netze sollen die Fähigkeit des Lernens nachahmen. Bei der Beobachtung der Netzfrequenz kann es zum Beispiel sein, dass an den Stundengrenzen ein Abfall der Netzfrequenz wahrscheinlich ist. Der Mensch erkennt dies, indem er Eingangsparameter mit  Ausgangsparameter vergleicht. Auch bei einem neuronalen Netzwerk könnte die “Minute der Stunde”  als Eingangsneuron dienen – und die Frequenz (Farbe) als Ausgangsparameter. Durch ständiges wiederholen werden beim künstlichen lernen die “inneren” Neuronen so lange verändert, bis man möglichst präzise eine Zuordnung zwischen Eingang und Ausgang erreicht.

Entscheidend für die Qualität eines künstlichen Neuronalen Netzes, welches Änderungen der Netzfrequenz vorhersagen soll, ist somit die Wahl der richtigen Eingangsparameter, sowie das gewünschte Ziel (=wie weit das Ergebnis in der Zukunft liegen soll).

Praktisch: Sparen durch den Blick in die Zukunft

Beim Regelleistungsbeispiel kann man vereinfacht erkennen, welchen Nutzen der Einsatz von KI bei einem Smart-Grid hat. Angenommen ein Kraftwerk für Sekundärregelleistung könnte man mit einem Auto vergleichen, welches bei Nacht auf eine Ampel (mit Blitzer) zufährt. Um sicherzugehen, dass es keinen Strafzettel gibt, wird der Fahrer abbremsen vor der Ampel, selbst wenn sie grün ist – er ist haltebereit.  Weiß er der Fahrer allerdings, dass die Ampel erst in 20 Sekunden wechselt, so kann er die Fahrt entsprechend anpassen.

Bei einem Kraftwerk für Sekundärregelleistung könnte diese Optimierung zwei verschiedene Abrufarten sein. Beim einen Modus (=Reaktiv) muss immer ein Schnellabruf erfolgen, d.h. um in den festgelegten Fristen von wenigen Sekunden Energie in das Netz einspeisen zu können, wird ein Sprint hingelegt. Beim anderen Modus (=Vorrausschauend), wird langsamer und ressourcenschonender gestartet. Dieser Modus hat zwar den Nachteil, dass es vorkommen kann, dass es zu einem Schnellabruf dennoch kommen kann – oder dass manchmal das Kraftwerk gestartet wird, ohne dass es zu einem Abruf kommt – dennoch kann man bei entsprechender Qualität der Vorhersage die richtige Balance besser finden.

Fakt: Eine einzelne Maus könnte 100 Stromnetze gleichzeitig betreiben

Das Nagetier “Maus” hat mehr als 100.000 Gehirnzellen. Für die verlässliche Prognose von Netzschwankungen sind wesentlich weniger als 1.000 Gehirnzellen notwendig – allerdings müssen ein paar Bedingungen beachtet werden.

Versuche – wie die Smart-Grid Simulation von blog.stromhaltig – zeigen, dass kaum ein besseres Ergebnis erzielt werden kann, wenn die Anzahl der Neuronen erhöht wird. Auch die Betrachtung eines längeren Zeitraums erzielt keine besseren Ergebnisse.

Jedoch können die Abrufe (=Folge von Frequenzwechsel) sehr präzise vorhergesehen werden, man den Vorhersagezeitraum ständig überwacht und dynamisch gestaltet. Ermöglicht wird dies durch eine nachgelagerte Qualitätskontrolle. Zeitfenster von 30 Sekunden bis über eine Stunde werden damit möglich.

Ein weiteres Kriterium ist das kontinuierliche Lernen. Beim Beispiel der Spracherkennung wird ein Netzwerk lediglich einmal trainiert und anschließend verwendet. Bei der Vorhersage der Netzfrequenz ist es allerdings hilfreich, wenn der quadratische Fehler überwacht wird und solange “nachgelernt” wird, bis der quadratische Fehler wieder in einem Sollbereich liegt.

Wissen, was die Antwort ist.

Bei der künstlichen Intelligenz für die Netzfreuqnzprognose wurde davon ausgegangen, dass ein Signal zum Hochfahren eines Kraftwerkes das Ziel ist. Kein Ziel ist, die exakte Frequenz vorherzusagen. Diese Unterscheidung wird wichtig, wenn man auf der Suche nach der richtigen Balance zwischen Signalen und Rauschen ist.

Rauschen gibt es besonders bei der Prognose von Netzfrequenzwechseln sehr viele. Theoretisch verursacht jedes Einschalten eines Stromverbrauchers einen Wechsel der Frequenz. Gleiches gilt für das An- und Abschalten von Kraftwerken oder anderen Erzeugungsanlagen.

Zum Zeitpunkt der Konzeptualisierung  eines künstlichen neuronalen Netzwerkes, wird als Ausgangswert daher immer das Signal genau definiert, welches vom Netzwerk erwartet wird. Man nutzt die Stärke aus, dass der Computer niemals müde wird und rund um die Uhr Signale erkennen kann – und gleichzeitig ein Nachtranieren des Netzes durchführt.

Netzfrequenz ist Kindergarten

In diesem Beitrag wurde lediglich die Netzfrequenz beachtet, da diese sehr anschaulich ist. Praktisch lassen sich die Verfahren der künstlichen Intelligenz auf alle Bereiche der Netzsteuerung anwenden. Erfolgreich wurde bislang die Spannungsebene in Verteilnetzen übewacht, die Blindleistungssteuerrung und der Lastgang einzelner Verbraucher. Bei allen Szenarien bringt der Blick in die Zukunft einen strategischen Vorteil zum reaktiven Netzbetrieb.

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