
Strom ist Strom – zumindest wenn er aus der Steckdose kommt. Davor ist das Stromnetz, ein Flaschenhals, bei dem es Vorfahrtsregeln gibt. Mit dem Einspeisevorrang hat elektrische Energie aus Sonne und Wind erst einmal freie Bahn. In §11 des EEG ist geregelt dass der Netzbetreiber dafür sorge tragen muss, dass es trotz Vorfahrt nicht zu einer Überlastung kommt. Droht ein solches Szenario, dann kann über das Einspeisemanagement die Leistung der EEG Anlagen reduziert werden. Aktuell wird die Version 2 des Leitfaden für Einspeisemanagement bei der BNetzA diskutiert, später soll darin auch die Rangfolge nach Erzeugungsart (Sonne, Wind, Biomasse,…) sein, bislang findet sich dort die Regelungen für die Entschädigungen einer gedrosselten Leistung.
Durch den Einspeisevorrang erhält EE-Strom eine Priorisierung im Stromnetz. Durch das Einspeisemanagement wird verhindert, dass die Priorität keine Auswirkungen auf die Netzstabilität hat. Damit ist ein reaktives Regelwerk vorhanden. Ein Erzeugungsvorrang gibt es deshalb noch nicht.
Vor einer Woche hatte blog.stromhaltig im Beitrag “Aus dem Wind gedreht…” darüber berichtet, dass im Zuge einer operativen Entscheidung eines Windpark Betreibers einige Anlagen vom Netz genommen wurden. Eine Anweisung durch einen Netzbetreiber gab es dazu nicht, sondern es war eine Reaktion auf den Martkpreis.
Da zur selben Zeit in Deutschland thermische Kraftwerke am Netz waren, die zur Stromerzeugung einen Brennstoff (Kohle, Gas, Uran,…) benötigen, wurde sprichwörtlich das Geld für den Energieträger “verbrannt”, während der Windpark vor sich hin döste.
Der Wind stellt keine Rechnung, der Rohstofflieferant schon – zahlen darf letztendlich der Verbraucher.
Bringt man die Energiewende in Bürgerhand, dann entsteht auch kein Problem, wenn es keinen Erzeugungsvorrang gibt. Erst wenn es Anbieter gibt, die sowohl Erneuerbare Energieträger, als auch konventionelle/thermische Kraftwerke haben, bedarf es einer Lösung. Energieblogger Craig Morris hatte bereits im Mai die Eigentümerstruktur der Anlagen von 2011 und 2012 in einem Beitrag verglichen.
Ursache des Problems “Erzeugungsvorrang” sind (wie bei vielen Dingen bei der Stormwende) die Grenzkosten. Der Stormpreis, bei dem ein Kraftwerk gerade noch rentabel betrieben werden kann. Jeder Prozentpunkt über diesen Kosten hilft dabei, die Gemeinkosten (Löhne, Gebäude, Dividende, …) zu decken. Bei Wind und Sonne liegen die Grenzkosten bei Nahe 0 – bei fossilen Kraftwerken leicht über den Brennstoffkosten je Erzeugungsmenge.
Von einigen Ausreißern abgesehen, wird in Deutschland häufig mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird. Die Folge ist ein starkes Plus beim Export (vergl. Video). Aus Sicht der Wirtschaftswissenschaft ein gesättigter Markt. Zusätzliche Erzeugung sorgt in diesem Fall zu einem Rückgang des Preises. Einzige Möglichkeit besteht darin, die Menge zu reduzieren. Der Energiemarkt tendiert dazu auf der Erzeugungsseite mit einem sehr großen Hebel zu reagieren (im Gegensatz zur Verbrauchsseite). Geht die Erzeugungsmenge um 1% hoch – geht der Preis zum Beispiel um 10% runter.

Angenommen ein Betreiber kann ohne den Strompreis zu stark (nach unten) zu beeinflussen 100 MWh verkaufen. Erzielt er einen Preis oberhalb der Grenzkosten des fossilen Kraftwerkes, so wird er dieses bevorzugt nehmen. Geht der Preis hingegen unterhalb dieser Schwelle wird er Windkraft bevorzugen. Das Aus dem Wind drehen wird damit zur operativen Entscheidung, die zur Deckung der Gemeinkosten fossiler Kraftwerke nützlich sein kann.
Gerade bei größeren Windparks sind mehrere Unternehmen beteiligt. Letztendlich haben sie damit unter Umständen auch Einfluss auf die Betriebsführung.
Das Gas-Kraftwerk Irsching 5 wird laut Informationsseite von E.ON betrieben durch die GKI GmbH. Zur GKI gehören unter anderen:
- E.ON mit 50,2 %
- N-ERGIE (Nürnberg) mit 25,2 %
- Mainova (Frankfurt) mit 15,6 %
Die N-ERGIE ist am Windpark Illschwang beteiligt. Mainova am Windpark Siegbach. E.ON hat viele Windprojekte im Portfolio, ist weltweit der dritt größte Offshore Windkraftbetreiber.
Im Offshore Bereich gibt es durch die Offshore Haftung noch ein besonders Schmankerl. Ohne die Strommenge zu erhöhen – und damit für einen Rückgang des Preises zu sorgen – können Betreiber mit fehlendem oder gestörtem Anschluss einen Teil ihrer Ausfälle ersetzt bekommen. Eine Regelung, die das Investitionsrisiko in solche Anlagen reduziert, allerdings auf der anderen Seite auf die Grenzkosten beschränkt sein sollte.
Für einen Erzeugungsvorrang, bei dem Anlagen aus regenerativen Energien vorrangig erzeugen – und nicht nur einspeisen – würde es einen Eingriff in das Fahrplanmanagement und besonders die Betriebsführung der Eigentümer benötigen. Ein Vorhaben, welches die wirtschaftliche Selbstbestimmung massiv beeinflussen würde und alles andere als eine liberale Marktwirtschaft ist.
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