
Ein Sprecher des Chemiekonzerns BASF etwa bestätigt “vermehrte Schwankungen im öffentlichen Netz”. Die Spannungseinbrüche wirkten sich zwar nicht unmittelbar auf die großen Standorte des Unternehmens aus. Diese seien besonders gesichert. Doch es gehe um die ganze Industrie. (Quelle: Wallstreet-Journal)
Eingriffe in das Stromnetz und deren Anzahl wird gerne als Kenngröße verwendet, wenn es darum geht eine Dramatik rund um die Stromwende aufzubauen. Eigentlich sind Eingriffe etwas normales, weder gut noch schlecht. Lediglich die Wirkung der Maßnahme zeugt bringt eine Unterscheidung zwischen guter oder schlechter Netzführung.
Bereits im Mai 2013 hatte blog.stromhaltig über die sogenannten ReDispatch Maßnahmen geschrieben, nach einigen Unklarheiten und weiteren Informationsquellen entstand zwei Tage später ein Follow-Up über ReDispatch als Ausgleichsenergie. Das Besondere an den letzten Tagen ist aus Sicht des Stromnetzes der besonders hohe Anteil an Strom aus regenerativer Energie. Sonne und Wind liefern zu manchen Zeiten Strom um sämtliche privaten Haushalte zu 100% zu versorgen.
Ist die Angst um die Versorgungssicherheit begründet, dann hätte man in den letzten Tagen eine starke Zunahme der ReDispatches feststellen müssen. Am Tag mit der höchsten Stromerzeugung aus Wind und Sonne bislang, dem 16.06.2013, kam es nach den Daten der 4- Übertragunsnetzbetreibern lediglich zu 5 Eingriffen in die Betriebsführung.
Maßnahmen am 16.06.2013
Das Ölkraftwerk Ingolstadt 4 sollte seine Leistung geringfügig erhöhen. Reduzieren sollte die Wirkleistungseinspeisung das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg, Irsching 5 und Wilhelmshaven sollten erhöhen. Gerade bei letzterem spannend, da es wohl nicht zuviel Strom aus Wind bzw. Blindleistung im Netz gab.
BASF besonders gesichert
Nach Angabe der Bundesnetzagentur betreibt der Chemigigant an seinem Stammwerk in Ludwigshafen aktuell 5 Kraftwerksblöcke. Befeuert werden 3 davon mit Erdgas, eines mit Abfall und eines gemischt (ca. 1/3 Erdgas). Schwankungen im öffentlichen Stromnetz können dem Konzern soweit egal sein. Folgt man dem Bericht des Wallstreet-Journal, so stellt man auch nicht die generelle Stabilität des Stromnetzes (Lange Stromausfälle in Frage), viel mehr die kurzen. Von einem Blackout wird gesprochen, wenn der Ausfall der Stromversorgung für länger als 3 Minuten anhält. Nach Angaben des VDE ist das Netz in Deutschland deutlich besser als die anderen Länder (Frankreich, UK, Spanien, Portugal, Österreich…).
Spannungsschwankungen – Microblackouts
Wird in der Industrie von Versorgungssicherheit gesprochen, dann geht es um die Qualität der Versorgung. Spannungsabfälle im Unter-Sekundenbereich, die eine Auswirkung auf die Produktionsanlagen haben. Im bereits referenzierten Beitrag des VDE heißt es dazu:
Die Ansprüche der Stromverbraucher an die Qualität der Spannung sind insbesondere durch die hohe Empfindlichkeit von IT-Geräten deutlich gestiegen. So reagieren elektronische Steuerungen in höchstem Maße sensibel auf Spannungsschwankungen, auch wenn sich diese nur innerhalb eines Bruchteils von Sekunden abspielen. Da die Netzkunden nahezu beliebige Geräte und Anlagen weitgehend ohne Rücksprache mit dem Netzbetreiber anschließen und betreiben können, sind die Betreiber bestenfalls in der Lage, die Qualität der Versorgungsspannung in einem statistischen Rahmen unter Kontrolle zu halten.
Eine fehlende Rücksprache mit dem Versorger gepaart mit empfindlicheren Geräten macht es sehr schwierig tatsächliche Aussagen über die Dringlichkeit des Themas Versorgungssicherheit zu treffen. Für eine deutliche Beschleunigung, des Ausbau der Erneuerbaren Energieträger (besonders PV-Storm), wie sie für eine Spitzenlastdeckung notwendig ist, wird es notwendig sein, belastbares Zahlenmaterial auch für die Spannungsschwankungen zu liefern. Die Bundesnetzagentur erhebt diese Zahlen aktuell leider nicht.
Drei Viertel aller Stromausfälle im öffentlichen Netz sind von kurzer Dauer: Auch im zweiten Quartal hatten die Unternehmen mehrheitlich kurze Stromausfälle zu meistern. Diese temporären Ausfälle werden seitens der Bundesnetzagentur nicht erfasst. Über Sicherungstechniken gegen Stromausfälle verfügt momentan nur die Hälfte der befragten Unternehmen, bei den übrigen ist ab 0,01 Sekunden die Produktion gestoppt.
schreibt die IHK Schwaben im Ergebnis einer Untersuchung im ersten Halbjahr 2012 und kommt zum Ergebnis:
Fazit: Auch im zweiten Quartal 2012 zeigt die beginnende Energiewende noch keine drastischen Konsequenzen, sowohl in der Komponente der Versorgungssicherheit, als auch in der preislichen Dimension.
Stabilisierende Wirkung des Stroms aus Erneuerbaren Quellen
Die Betrachtung der ReDispatch Maßnahmen kann nur als Indikator verwendet werden. Das Fehlen von belastbarem Zahlenmaterial erschwert eine endgültige Aussage zu treffen. Zumindest die Einspeisung von PV-Strom auf der Niederspannungsebene hat aber aus Sicht der Betriebsführung von Netzen eine nachweislich stabilisierende Wirkung.
PV-Wechselrichter sind heute so intelligent, dass sie verschiedenste Aufgaben wie die Kompensation von Blindleistung, Frequenzhaltung und andere Maßnahmen übernehmen. Geregelt wird dies in der VDE Anwendungsregel 4105 für den Anschluss von Erzeugungseinrichtungen auf der Niederspannungsebene. Eine darin definierte Regel ist die Lösung des sogenannten 50,2 Herz Problems. Kommt es zu einer Netzfrequenz oberhalb dieses Wertes, so mussten sich vorher die Anlagen sofort vom Netz trennen, was zu Microblackouts hätte führen können. Mit der VDE Anwendungsregel 4105 wurde eine Kurve definiert, die zunächst eine Reduktion der Einspeisung vornimmt und erst bei einer Frequenz von über 51,5 Herz die Anlage vollständig vom Netz nimmt.
Ist in einem Netzsegment genügend elektrische Energie aus Solarenergie vorhanden, dann könnten rein technisch gesehen die Anlagen das Netz als Insel aufrecht halten. Aktuell gibt es zwar nur Anforderungen, die das automatische Ausbilden eines Inselbetriebes verhindern, jedoch ist denkbar, dass per Rundsteuerempfänger oder andere Fernwirktechnik das Ausbilden einer Insel zugelassen werden kann. Gerade bei gebieten, bei denen die Stromversorgung zum Beispiel durch eine Naturkatastrophe beeinträchtigt ist, könnte so eine Art Not-Stromnetz ausgebildet werden.
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